Drag und/als Verfremdung

Drag Acts nehmen in der Wahrnehmung oft eine eigentümliche Position ein. Der Grund für die oft konträren Reaktionen liegt bereits im Modus von Drag selbst begründet. Drag entfremdet das agierende Subjekt von seinem*ihrem Geschlecht. Drag schafft eine Distanz und macht diese Distanz performativ sichtbar. Dies ist jedoch genau derselbe Mechanismus den auch das epische Theater und sein Verfremdungseffekt bemühen.
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Überlappende Räume

Wenn wir vom Raum einer Inszenierung sprechen, so ist dieser Raum nie eindimensional. Tatsächlich besteht der Raum einer Inszenierung immer aus vielen Räumen, die ineinander geschichtet, nebeneinander gestaffelt und sich gegenseitig überlappend gemeinsam den inszenatorischen Raum ausmachen. Im besten Fall gelingt es einer Inszenierung eine Handvoll dieser Räume gleichzeitig in der Schwebe zu halten. Das Spannungsverhältnis, das sich aus dieser räumlichen Divergenz ergibt, kann dann für die Inszenierung nicht nur produktiv, sondern gar definierend werden. Zwei Inszenierungen, bei denen das spezifische Aufeinandertreffen unterschiedlicher Räume eine zentrale Rolle spielt, sind das Projekt X-Wohnungen initiiert von Matthias Lilienthal, sowie Call Cutta der Gruppe Rimini Protokoll.
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Die Umschmelzung des funktionalen Raumes

Inszenierungen bedienen sich verschiedener Räume und funktionalisieren sie für die spezifischen Aufführungen. Die Funktionalisierung des Raumes in der Inszenierung kann jedoch auf sehr unterschiedliche Weise geschehen. Bei Räumen, die schon von sich aus eine spezifische (nicht-theatrale) Funktion innehaben, kann die Inszenierung sich auf genau diese Funktionalität beziehen. Die zwei vorgestellten Inszenierungen D’Annunzio über Wien von Robert Quita und Mein Kampf von Hubsi Kramer und Tina Leisch machen so beide funktionale Zuschreibungen ihrer Aufführungsorte für die Inszenierung wirkkräftig. Jedoch unterscheiden sie sich markant darin, wie diese vor-theatrale Funktion dann theatral umfunktioniert wird.
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Von Körpern, Räumen und Max Reinhardt

Das Verhältnis von Körper und Raum spielt häufig eine zentrale Rolle im Theater. So kann es auch als gemeinsames Überthema zweier Inszenierungen von Max Reinhardt zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelten. Diese beiden Inszenierungen von Max Reinhardt – König Ödipus 1910 in München und Berlin sowie Der Kaufmann von Venedig 1934 in Venedig – stellen jeweils menschliche Körper in ein besonderes Wechselverhältnis zum sie umgebenden Raum. Es stellt sich jedoch die Frage inwiefern diese Spannung hier nur ornamentalen Gehalt bekommt.
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Perfekter als ein Film?

Was ist der Mehrwert davon, einen Film auf die Bühne zu bringen? Welchen Sinn hat es ein possierliches Pastiche einer bekannten Hollywoodproduktion für ein Wiener Publikum neu zu inszenieren? Ein Film, so scheint es, ist doch schon immer auf eine Art und Weise perfekt, wie es ein Theaterstück nie sein könnte. Jeder Shot, jede Einstellung, jede Szene kann so lange geprobt, wiederholt, neu-arrangiert und schließlich zusammenmontiert sowie nachbearbeitet werden, bis exakt das gewünschte Resultat erreicht wird. Und dieses Resultat ist dann endlos und unveränderbar so anzusehen. Eine Theateraufführung kann diesen grad der Perfektion nie erreichen; doch muss sie?
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Das Mädchenorchester und die Träumerei

Bei einer Recherche des Repertoires des sogenannten Mädchenorchesters in Ausschwitz fällt die mehrfache Nennung eines Musikstückes auf: Robert Schumanns Träumerei. Von den Mitgliedern des Mädchenorchesters wird die Träumerei allerdings meist nicht in Isolation, sondern in Zusammenhang mit bekannten, hochrangigen SS Offizieren genannt.
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Der männerlose Male Gaze

Der Film La Vie d’Adèle hat bereits seit seiner Premiere für einige Diskussionen gesorgt. Trotz vielfachen Lobes und dem Gewinn der Palme d’Or wurde der Film von einigen (speziell queeren) Kommentator*innen heftig kritisiert. Ein häufig benutztes Stichwort in dieser Kritik war hierbei der male gaze. Dem Regisseur Kechiche wurde vorgeworfen, einen männlichen, voyeuristischen Blickwinkel im Film zu forcieren. Dies mag zunächst überraschend da es keine männliche Figur gibt, die durchgehend oder auch nur regelmäßig präsent wäre und an die ein male gaze anknüpfen könnte. Sofern ein männlicher Blickwinkel in diesem Film besteht, muss dies also ein körperloser, unvermittelter male gaze sein.
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Im Sog der menschlichen Tiere

Das Unsichtbare sichtbar zu machen gilt als eine der grundlegendsten Fähigkeiten des Mediums Film. Dies gilt sowohl für das Vorzeigen von unbemerkten Details und Zufälligkeiten, als auch für Neuordnungen und Umformungen gewohnter Zusammenhänge. Der experimentelle Kurzfilm They Call Us Animals der Regisseurin Catrin Hedström spielt mit diesen beiden Aspekten des (Un-)Sichtbaren.
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Pflop!

Wie kann uns ein Bild zum Lachen bringen? Wie funktioniert der visuelle Witz? Zunächst einmal funktioniert er unmittelbar. Wir sehen etwas und das löst etwas in uns aus, etwas bricht in uns, bricht aus uns heraus. Der visuelle Witz funktioniert nicht über Erklärungen, er funktioniert nicht logisch oder narrativ, er funktioniert körperlich. Wir sehen etwas, unser Körper reagiert. Er reagiert auf etwas, das er absurd findet; unmöglich, unnötig, unbekannt, fremd. Der Kurzfilm Always on My Mind der Regisseurin Helen Parkes baut genau auf dieser körperlich gefühlten Absurdität auf.
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Unbewegte Bewegungsbilder

Comic wie Film können als Bewegungsbilder aufgefasst werden. Ein Kernelement solcher Bewegungsbilder ist die Unterbrechung der Wahrnehmung. Doch wenn ihre Wahrnehmung immer gebrochen ist, so muss auch ihre theoretische Beschreibung auf diesem Element des Bruches fußen. Was also nötig wäre, ist eine Ästhetik des Bruches. Diese müsste den Bruch als ordnendes Element der Wahrnehmung selbst bestimmen, müsste zeigen wie Wahrnehmung innerhalb einer Unterbrechung, einer Pause, einer Irritation neu entstehen, sich neu orientieren oder neu bewertet werden kann.
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Der Voyeur als Voyée

Im ersten seiner beiden Kinobücher Das Bewegungs-Bild schreibt Gilles Deleuze: „Ein Affektbild ist eine Großaufnahme und eine Großaufnahme ist ein Gesicht.“ Geht man nach dieser Definition ist jedes einzelne Bild in Abbas Kiarostamis Film Shirin sicherlich ein Affektbild. Der Film besteht – über 90 Minuten – rein aus Großaufnahmen von Gesichtern, genauer von 113 Gesichtern professioneller Schauspielerinnen, während sich diese (anscheinend) in einem Kino einen Film ansehen. Und tatsächlich sind die gezeigten Bilder höchst affizierend.
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Generation Selfie?

Der Versuch eine Generation anhand ihrer Verwendung von Selfies zu charakterisieren scheint von Vornherein zum Scheitern verurteilt. Wie soll einerseits das abstrakte Konstrukt ‚Generation‘ überhaupt eine Gruppe von Menschen griffig beschreiben, womöglich auch noch über kulturelle und soziale Grenzen hinweg? Und welchen Sinn hat es dann weiters solch eine Differenzierung über eine in sehr spezifische mediale Kontexte eingebundene Form, wie dem Selfie, zu versuchen?
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Die narzisstische Kamera

Das Eintauchen und Untertauchen in dieses Leinwand-füllende Bild des Auges in Beckets Film Film, hat etwas mythologisch Narzisstisches. Gleich wie Narziss in seinem Spiegelbild ertrinkt, ertrinkt der Protagonist, ertrinkt die Kamera, ertrinkt das Publikum in diesem Symbol der sie vereinenden, sie aber auch gleichzeitig trennenden Tätigkeit: des Sehens.
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Ceci n’est pas authentique.

Das Bild La trahison des images von René Magritte ist ein Witz der optisch und literarisch funktioniert. Seine Pointe funktioniert nur in der Dialektik beider Bereiche. Ohne diese Dialektik fiele er flach.
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